Evangelische Stadtakademie Bochum

In einer westlichen Welt, die von Konsumrausch und Überfluss durchwirkt ist, in der Abfallberge wachsen und Datenströme die Individuen überwältigen, entfaltet sich zunehmend eine Semantik der Gegenläufigkeit. Adjektive wie slow und nachhaltig kennzeichnen diese Richtung, und eine Kultur der Resonanz verspricht Widerlager im Abwärtstrend der Gesellschaft in eine Ökonomie des Exzesses.

Maßhalten ist indes kein Dogma, das erst in der Jetzt-Zeit auf der Tagesordnung stünde oder des Imports aus der östlichen Lebenskunst bedürfte. Von der Antike bis zur Moderne wurde Askese gepredigt und praktiziert. Dabei muss Entsagung nicht als Verzicht auf Lebensmöglichkeiten verstanden werden. Vielmehr deutet der Begriff das Potential des Menschen zur Autonomie an: Weg von steigernder Rentabilität, von Massenkonsum, von Geschwindigkeit, von Alkohol- und Drogensucht. Wie positioniere ich mich zur Welt? Gibt es eine regulative Gegenkraft zum erotischen Hedonismus? Welche Rolle spielen Vertrauen, Verlässlichkeit, Verzicht, Maß und Mitte? Entsagung hieß einst das berühmte Credo, das das aufstrebende Bürgertum dem dekadenten Adel entgegenschleuderte, aber der heutige Markt ist unersättlich, er hasst Askese, nutzt die Gier als Motor der Ökonomie.

Goethe hatte unter dem Eindruck der Wirren der Französischen Revolution festgestellt, dass angesichts einer unkontrollierbaren Wirklichkeit die Glücksansprüche des Subjekts dauerhaft auf unvorhersehbare Weise durchkreuzt werden, ein Vorgang, dem man am besten durch habitualisierte Enttäuschungsvermeidung begegnet (Manfred Koch). Das Erlernen einer flexiblen Verzichtbereitschaft verleiht dem Individuum allein die Aura von Autonomie.

 

Vorführung mit Einladung zur Diskussion

 

Der Eintritt ist frei.

 

Leitung: Martin Röttger, Pfarrer der Kirchengemeinde Bochum-Wiemelhausen

                Dr. Rudolf Tschirbs, Studiendirektor a. D., Historiker

 

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